Die Entscheidung, selbständig zu arbeiten, bringt viele Freiheiten – aber auch neue Verantwortlichkeiten mit sich. Eine der wichtigsten Fragen für Gründer*innen lautet: Welche Versicherungen brauche ich wirklich? Denn ohne den Schutz eines Arbeitgebers bist du in vielen Bereichen auf dich allein gestellt. In diesem Artikel erfährst du, welche Versicherungen für Selbständige in Deutschland essenziell, empfehlenswert oder optional sind – und wie du dich sinnvoll absicherst, ohne dich zu überversichern.
1. Krankenversicherung – Pflicht für alle
In Deutschland besteht eine allgemeine Krankenversicherungspflicht – auch für Selbständige. Du hast die Wahl zwischen der gesetzlichen (GKV) und privaten Krankenversicherung (PKV).
Gesetzliche Krankenversicherung:
- Beitrag bemisst sich am Einkommen (Mindestbemessung ca. 1.131 €/Monat im Jahr 2025)
- Familienversicherung für Kinder/Partner ist möglich
- Keine Gesundheitsprüfung
Private Krankenversicherung:
- Beitrag richtet sich nach Alter, Gesundheitszustand und Leistungsumfang
- Oft günstiger als GKV bei jungen, gesunden Menschen
- Individuelle Tarife, aber evtl. teurer im Alter
Ein Wechsel zurück von der PKV in die GKV ist für Selbständige in der Regel nicht möglich – daher solltest du diese Entscheidung sorgfältig treffen.
2. Pflegeversicherung – verpflichtend, aber gekoppelt
Die Pflegeversicherung ist in Deutschland ebenfalls Pflicht. Sie ist entweder in der GKV enthalten oder wird als Zusatz zur PKV abgeschlossen. Die Beiträge sind gesetzlich geregelt und betragen im Jahr 2025 etwa 3,4 % des Einkommens (inkl. Zuschlag für Kinderlose).
3. Rentenversicherung – teils freiwillig, teils verpflichtend
Grundsätzlich sind Selbständige nicht automatisch rentenversicherungspflichtig. Allerdings gibt es Ausnahmen – z. B. für selbständige Lehrer, Pflegepersonen oder Künstler. Diese müssen Pflichtbeiträge an die Deutsche Rentenversicherung leisten.
Für alle anderen gilt: Eine freiwillige Rentenversicherung kann sinnvoll sein, um später nicht in Altersarmut zu rutschen. Alternativen sind private Altersvorsorgeprodukte wie:
- Rürup-Rente (Basisrente, steuerlich absetzbar)
- ETF-Sparpläne
- Betriebliche Altersvorsorge (z. B. via GmbH-Struktur)
4. Berufsunfähigkeitsversicherung – unverzichtbar für viele
Die eigene Arbeitskraft ist das wichtigste Kapital eines Selbständigen. Fällst du aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft aus, hast du ohne Absicherung ein existenzielles Problem. Die gesetzliche Erwerbsminderungsrente greift für Selbständige kaum – eine private Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ist daher enorm wichtig.
Wichtige Kriterien:
- Verzicht auf abstrakte Verweisung
- Leistung ab 50 % Berufsunfähigkeit
- Risikogerechte Beiträge (abhängig von Beruf, Alter, Vorerkrankungen)
- Lange Laufzeit (mind. bis zum 65. Lebensjahr)
Tipp: Beantrage eine BU möglichst früh – junge und gesunde Antragsteller erhalten bessere Konditionen.
5. Betriebshaftpflichtversicherung – besonders für Dienstleister
Wenn du durch deine Tätigkeit einen Schaden verursachst – z. B. bei einem Kunden vor Ort –, haftest du persönlich mit deinem gesamten Vermögen. Die Betriebshaftpflichtversicherung schützt dich vor diesen finanziellen Folgen.
Sie übernimmt:
- Personen- und Sachschäden bei Dritten
- Vermögensfolgeschäden
- Abwehr unberechtigter Forderungen
Für bestimmte Berufsgruppen wie Architekten, Ärzte oder IT-Berater sind Berufshaftpflichtversicherungen Pflicht oder sehr empfehlenswert.
6. Rechtschutzversicherung – für den Ernstfall
Rechtsstreitigkeiten mit Kunden, Auftraggebern oder Behörden können teuer werden. Eine gewerbliche Rechtsschutzversicherung übernimmt Anwalts- und Gerichtskosten – je nach Tarif auch bei Vertragsstreitigkeiten oder Steuerverfahren.
Die Police sollte branchenspezifisch zugeschnitten sein und kann mit einem privaten Rechtsschutz kombiniert werden.
7. Sach- und Elektronikversicherungen – Schutz für Betriebsmittel
Wenn du technische Geräte, Maschinen oder Büroausstattung nutzt, lohnt sich ggf. eine Inhaltsversicherung (auch Geschäftsinhaltsversicherung). Sie schützt dich vor Schäden durch Feuer, Einbruchdiebstahl, Leitungswasser, Vandalismus oder Sturm.
Für IT-Dienstleister oder Kreative kann auch eine Elektronikversicherung sinnvoll sein, um z. B. Laptops, Kameras oder Serveranlagen gegen Beschädigung und Diebstahl abzusichern – auch unterwegs.
8. Private Haftpflicht – oft vergessen, aber wichtig
Auch als Selbständige*r brauchst du eine private Haftpflichtversicherung für Schäden im privaten Alltag. Sie greift nicht für berufliche Tätigkeiten – ergänzt aber deine Grundabsicherung im Alltag und kostet meist nur wenige Euro pro Monat.
9. Krankentagegeld- und Unfallversicherung – Einkommensausfall absichern
Wer länger krank ist, bekommt als Selbständiger kein Gehalt weiterbezahlt. Hier hilft eine Krankentagegeldversicherung, die ab dem 15. oder 43. Krankheitstag ein tägliches Einkommen ersetzt – abhängig vom Tarif.
Die private Unfallversicherung kann ebenfalls ergänzen – vor allem, wenn du außerhalb des Berufs (z. B. beim Sport) schwer verunglückst. Sie zahlt bei Invalidität oder bleibenden Schäden, unabhängig von der Schuldfrage.
10. Fazit: Absichern mit System – nicht mit Angst
Der richtige Versicherungsschutz für Selbständige hängt von vielen Faktoren ab: Branche, Arbeitsweise, Einkommenshöhe und persönliches Risikobewusstsein. Grundsätzlich gilt: Absichern, was existenzbedrohend wäre – auf Überversicherung verzichten.
Unverzichtbar sind: Kranken- und Pflegeversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung (bei körperlicher oder geistiger Tätigkeit) und ggf. Betriebshaftpflicht.
Empfehlenswert sind: Renten- oder Altersvorsorge, Krankentagegeld, Rechtsschutz und private Haftpflicht.
Lass dich unabhängig beraten, vergleiche Tarife und prüfe regelmäßig, ob deine Policen noch zu deiner aktuellen Lebenssituation passen. So schützt du nicht nur dich – sondern auch deine unternehmerische Zukunft.